Strukturierte Problemlösung: der 10 Punkte Plan

In einem vorigen Artikel habe ich über Systemdenken als ein essentielles Werkzeug bei der Betrachtung und Gestaltung von Organisationen geschrieben.

Ich habe hier mit der strukturierten Problemlösung ein ähnlich wichtiges Werkzeug, das so einfach aussieht, dass es oft unterschätzt wird.

Es hat eine Rolle wie die Kata im Karate, oder das Üben von Etüden durch die Pianisten. Auch professionelle Schifahrer gehen im Sommer auf den Gletscher, um ihre Technik zu perfektionieren.

Problemlösung und Verbesserung

Probleme und Verbesserungen sind oft meistens Seiten der Medaille. Ihr gemeinsamer Kern ist Eine Soll-Ist Abweichung. Wir beschreiben den Problemlösungsprozess

Die strukturierete Problemlösung in einem Lean Managementsystem kann so charakterisiert werden:

  • Alles, was beschrieben oder behauptet wird, sollte auf überprüfbaren Fakten beruhen, nicht auf Annahmen und Interpretationen. 
  • Die Problemlösung ist nie abgeschlossen, sie beginnt und endet nicht mit der Umsetzung eines Verbesserungsplans. 
  • Der Umsetzungsprozess ist eine Lernmöglichkeit, um herauszufinden, wie man Fortschritte in Richtung des Zielzustands machen kann. 

Der Prozess soll einer verbreiteten Denkfalle entgegenwirken,  wenn man den häufigen Fehler begeht, mechanisch zu einer bekannten oder bevorzugten Problemlösungsmethode zu greifen oder, schlimmer noch, schnell eine Lösung zu finden. Er hilft systematisch dabei, zuerst Hintergründe und Prinzipien zu erkennen bevor man sich für eine Vorgehensweise entscheidet.

Der Prozess wird für die verschiedensten nicht-trivialen Probleme und in verschiedenen Kontexten  eingesetzt, wie z.B. 

  • Fehlerbehebung, z.B. In der Qualitätssicherung
  • Abweichungen von einem Standard, z.B. Bei Prozessverbesserungen
  • Ziele in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess
  • Innovation oder das Erkunden neuer Gelegenheiten

Er wird daher auch in verschiedenen Varianten beschrieben. Wir versuchen hier eine möglichst generische Darstellung.

Verbesserungen sind eingebettet in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess wie er im PDCA-Zyklus prototypisch beschrieben ist.

Strukturierte Problemlösung

Der 10 Punkte Plan zur strukturierten Problemlösung

  1. Problem benennen. Ausgangspunkt ist ein Problem oder eine gewünschte Verbesserung, für die Sie die Lösung oder den Lösungsweg noch nicht kennen.
  2. Team zusammenstellen. Probleme, die komplex genug sind, diesen Prozess zu rechtfertigen, werden fast immer besser von einem Team gelöst, das verschiedene Kompletenzen und Herangehensweise zusammenbringt.
  3. Situation analysieren. Sie ermitteln und beschreiben möglichst detailliert den aktuellen Zustand und welche Aspekte verbessert werden sollen.
  4. Ziele klären. Was soll erreicht werden? Warum ist das wichtig? Woran erkennen Sie eine gute Lösung? Machen Sie das so detailliert, dass Sie entscheiden können, ob am Ende die Ziele erreicht wurden.
  5. Lösungsideen finden. Dann brauchen Sie Lösungskandidaten. Das kann eine Recherche nach bestehenden Lösungen erforden oder einen Kreativ-Prozess. Vielleicht wollen Sie eine der zahlreichen Kreativtechniken einsetzen. In der Regel sind diese noch nicht voll ausgearbeitete Entwürfe.
  6. Ideen prüfen und bewerten. Die Lösungskandidaten werden geprüft. Sie bewerten, wie die Ideen dazu beitragen, die gesteckten Ziele zu erreichen. Einige Ideen werden ausgewählt, genauer betrachtet und gegebenenfalls weiter detailliert.
  7. Entscheidung treffen. Je nach Art des Problems und der Reichweite und der Auswirkungen der Lösung muss zuvor geklärt werden, wer dies Entscheidung treffen kann.
  8. Lösung implementieren. Die auswählte Lösung (oder das Bündel an Maßnahmen), wird ausgearbeitet und umgesetzt.
  9. Erfolg prüfen. Erfüllt die Lösung die ursprünglichen Ziele aus Schritt 4? Liefert sie das gewünschte Ergebnis?. Gegebenenfalls wird nachgebessert oder der Problemlösungszyklus beginnt von vorne mit einer neuen Aufgabe.
  10. Ergebnis kommunizieren. Das Ergebnis – sowohl Erfolg als auch Misserfolg –  ist eine wertvolle Information für andere Gruppen und Teams. Typische Agenten in Organisationen sind das mittlere Management und Communities of Practice.

Jede solche Problemlösung ist Teil eines Feedback-Zyklus für eine kontinuierliche Prozessverbesserung. Feedback und Experimente sind darin ein fester Bestandteil – sie sind die zentralen Konzepte empirischer Prozesse. Zu Beginn eines Vorhabens liegen selten (nie?) alle notwendigen Informationen vollständig vor, um deterministisch alle Schritte und Zwischenziele im Voraus planen zu können. Das bedeutet Risiko, Ungewissheit und Unschärfe und ist unangenehm. Wir erfahren aber auch, dass mehr Informationen im Laufe der Zeit erscheinen werden.

Dies hat tiefgreifende Konsequenzen in agilen Teams und auch für die Beziehungen mit anderen Teams — und auf die Aufstellung des Unternehmens.

Eingebettet in den PDCA-Zyklus

Der PDCA-Zyklus aus Plan – Do – Check – Act ist das Rückgrat ständiger Prozessverbesserung.

W. E. Deming interessierte, wie Innovationen aus Teams in die Organisation gelangen und propagierte eine ständige und kontinuierliche Prozessverbesserung.

Der von Deming auf vier Elemente erweiterte PDCA-Zyklus fasst diese Kontinuität zusammen:

Plan: Eine Prozessverbesserung wird geplant, Verbesserungspotenziale werden identifiziert, der Ist-Zustand wir bestimmt und der Soll-Zustand wird entwickelt, eine Maßnahme wir identifiziert.

Do: Die Verbesserung wird als Experiment verprobt und praktisch optimiert.

Check: Der getestete neue Prozess wird sorgfältig geprüft und freigegeben.

Act: Der freigegebene neue Prozess wird operativ eingeführt und ausgerollt.

PDCA und die lernende Organisation

Gerade der vierte Schritt Act macht den Unterschied: er sorgt dafür, dass die wichtigen Innovationen in der ganzen Firma Verbreitung finden, dass diese einzelnen Verbesserungen zu einem kohärenten kontinuierlichen Verbesserungsprozess werden können. Er ist damit ein Kernelement der lernenden Organisation.

In agilen Methoden wird dieser kontinuierliche Verbesserungsprozess sowohl im Team als auch für die Weitergabe und Diffusion neuer Ideen zwischen Teams und Organisationseinheiten angewendet. Bei Deming ist im Original hauptsächlich das mittlere Management für diese Weitergabe zuständig.